Ganz nahe am Hunderter.
Peter Gago präsentierte die Top-Weine aus dem Hause Penfold's.
Wenn Penfolds Chief-Winemaker Peter Gago einmal im Jahr seine Ochsentour kreuz und quer durch die Welt macht, um seine „Luxury & Icon“ Kollektion vorzustellen, dann ist das für einen Wein-Journalisten etwas Besonderes.
Als ich die Nase in das Glas mit dem Grange 2004 steckte, sprudelte es spontan aus mir heraus: „Das ist der beste, den du jemals gemacht hast!“ und Peter Gago antwortete lachend: „Nimm ihn doch erst einmal in den Mund“.
Wenn Penfolds Chief-Winemaker Peter Gago einmal im Jahr seine Ochsentour kreuz und quer durch die Welt macht, um seine „Luxury & Icon“ Kollektion vorzustellen, dann ist das für einen Wein-Journalisten etwas Besonderes. Denn erstens ist Peter Gago ein unglaublich charismatischer Typ, dessen Präsentationen immer besonders spannend und gleichzeitig launig ablaufen.
Zweitens kommen nur ziemlich wenige Journalisten in den Genuss so einer Einladung, da es von diesen Top-Weinen auch bei so grossen und berühmten Produzenten nur relativ wenige Flaschen gibt. Und gerade Österreich ist ja nun wirklich kein besonders grosser Markt.
Drittens finden dann diese Präsentationen irgendwo in Europa statt – heuer in Zürich – und dann reist man tatsächlich durch die Gegend, um sechs Weine zu verkosten. Schon ein bisserl elitär, gebe ich zu.
Alles geht schief.
Nun, ich hatte das Vergnügen Peter Gago vor Jahren in Bordeaux bei einer Probe kennenlernen zu dürfen – und irgendwie scheint er mich zu mögen – er sagt, er mag es, wie ich verkoste, jedenfalls bekomme ich seit einigen Jahren die Einladungen zu seinen Präsentationen, obwohl ich manchmal doch ziemlich kritisch berichtet habe.
Und dann das. Mein Taxi zum Flughafen hat einen Unfall, ich verpasse den Flug, buche um, komme erst eine Stunde vor Ende der Veranstaltung in Zürich an. Bis auf einen Schweizer Kollegen sind alle anderen sind schon weg. Ich hatte ja am Flughafen Wien viel Zeit, also habe als Entschuldigung ein T-Shirt mitgenommen: „No kangaroos in Austria“. Das wirkt.
In aller Ruhe erklärt Peter Gago die Weine und Jahrgänge, obwohl man ihn schon zum Flug nach Amsterdam bugsieren will. Das geplante Interview fällt aber natürlich flach. Aber die Weine erzählen ihre Geschichte sowieso im Glas.
Die Weine erzählen...
Penfolds Yattarna 2006.
Dieser Chardonnay ist quasi als weisses Gegenstück zum Grange gedacht. Die Trauben sind eine Selektion des besten Lesegutes aus verschiedenen „cooler climate“ Regionen der Adelaide Hills, Henty und heuer erstmals auch aus Tasmanien. Das Wetter war mild und trocken. Der Ausbau erfolgte neun Monate in französischen Barriques, 45% davon neu.
Sehr sortentypisch schon im Duft nach gelben Melonen und etwas Pfirsich, unterlegt mit Bäckerei-Aromen, irgendwie erinnert mich das an Cantuccini, dahinter aber auch kühle mineralische Würze und sehr zarte Holznoten. Am Gaumen dann extraktsüsse, aber recht knackige Frucht, kraftvoller Auftritt aber elegant, sehr feine Tanninstruktur, wieder recht mineralisch, animierend im langen Spiel, verbindet Kraft, Schmelz, Finesse und ist dabei ungemein trinkanimierend. Potential für einige Jahre. 90 Punkte.
St. Henri Shiraz 2005.
Dieser Wein kommt aus den Weingärten rund um Magill und der alten Auldana Winery. Die meisten Rebflächen fielen im Lauf der Jahrzehnte der Stadterweiterung von Adelaide zum Opfer, daher wird heute mit Trauben aus Barossa Valley, Langhorne Creek, Padthaway, Clare, Mc. Laren Vale und Coonawarra ergänzt. 2005 war ein guter Jahrgang mit wechselnden Wetterbedingungen. Ausgebaut wird in ca. 50 Jahre alten 1460 Liter fassenden Holzfässern. Anders als in vielen anderen Weingütern Australiens wird kein Viognier zugegeben, sondern meist ein kleiner Anteil (unter 10%) Cabernet Sauvignon.
Sehr einladender Duft nach dunklen Waldbeeren und Weichseln, am Gaumen sehr saftige Frucht, recht kraftvoll und schmelzig, rund und harmonisch balanciert, ein „Alte Welt Stil“, ungemein süffig und lang nachklingend, Trinkspass auf sehr hohem Niveau. Lt. Peter Gago hält der St. Henri genauso lange wie der Grange. 90 Punkte.
Magill Estate Shiraz 2006.
Hier begann die Penfolds Geschichte, als sich Dr. Christopher Rawson Penfold 1844 mit französischen Rebsetzlingen im Gepäck hier niederliess. Das Landhaus, in dem er seine Praxis hatte taufte er nach der Heimat seiner Frau „The Grange“. Noch heute stammt der Magill Estate Shiraz aus dem „Single Vineyard“, rund um dieses Haus, insgesamt 5,2 Hektar, 100 % Shiraz. Ausgebaut wird 14 Monate in „Hogsheads“ (Fässer mit ca. 234 l) 71% französische und 29% amerikanische Eiche, grossteils neu.
Süsse dunkle Beerenfrucht, Johannisbeeren und Heidelbeeren, zarte florale Noten, ein Hauch Nuss und süsse Holzaromen wechseln sich im Duft ab. Auch am Gaumen extraktsüsse dichte Frucht, vollmundig mit mächtigem Körperbau, noch präsente, aber sehr gut eingebundene Tannine, etwas rauchig, zart nach schwarzen Oliven, im langen Finish dann ein sehr lebendiges Frucht-Säure-Spiel, das die Speichelproduktion anregt. 92 Punkte.
RWT Barossa Valley Shiraz 2006.
Erstmals 1997 gekeltert, ist dieser Wein als Gegenspieler zum Grange gedacht: „RWT beschützt den Stil des Grange“ und wird nur in französischer Eiche ausgebaut, 14 Monate, 70% neue 300 l Fässer. 2006 war ein grossartiger Jahrgang mit relativ langer Reifeperiode. 100% Shiraz.
Sehr würziger dunkler Duft nach Heidelbeeren, schwarzen Johannisbeeren und Röstaromen, etwas Thymian und ein bisserl wie ein Steak, das gerade vom Griller kommt. Am Gaumen dann wieder dunkelbeerig und kräuterwürzig, mit kraftvollem Körper und Struktur, sehr präsente Tannine, dabei aber recht saftig und frisch durch ein lebendiges Säurespiel, braucht noch Zeit um sich vollends zu harmonisieren, hat aber viel Potential. 92 Punkte.
BIN 707 Cabernet Sauvignon 2006.
Selektion der besten und ältesten Cabernet-Trauben aus Barossa Valley, Coonawarra und Adelaide Hills. 16 Monate in neuen Hogsheads aus amerikanischer Eiche.
Ein sehr typischer „new world“ Cabernet nach jeder Menge schwarzer Johannisbeeren und würzig-röstigen Holzaromen im süssen Duft, wie auch am Gaumen, sehr dicht und konzentriert mit sehr starffer Struktur, moderne „schillernde“ schokoladigeTannine, die sich erst noch komplett einbinden müssen, im langen Finish dann wieder sehr lebendige Beerenfrucht. 88 Punkte.
Grange 2004.
Der Grange ist nicht nur das Flaggschiff von Penfolds, sondern wohl auch der berühmteste Wein Australiens. Eine Flasche kostet meist mehr als 300,- Euro, ältere Jahrgänge erzielen auf Auktionen schon einmal einige Tausender.
Er entstammt einer Idee des legendären früheren Chef-Oenologen Max Schubert, der nach Reisen durch Frankreich, den berühmten Weinen etwas entgegnen wollte. In den 1950er Jahren noch belächelt, setzte sich der Grange in den 60ern durch und wurde in den folgenden Jahrzehnten zu einer Ikone. Peter Gago ist stolz darauf, seit 2002 für den Grange verantwortlich zu sein. Pro Jahr werden nur 7.000 bis 9.000 Kisten produziert. Auf meine Frage, ob der Wein bewusst so rar gehalten wird, um höhere Preise zu erzielen, lächelt Peter Gago: „We are not that clever!“
Der Jahrgang 2004 besteht aus 96% Shiraz und 4% Cabernet Sauvignon, Selektion der besten Trauben aus Barossa Valley, Mc Laren Vale und Magill, ausgebaut 16 Monate in amerikanischer Eiche, danach auf der Flasche gelagert.
Mein erstes Wort der Verkostungsnotiz ist „Wow“. Schon beim ersten hineinriechen in das Glas explodiert ein kleines Feuerwerk von Aromen. Jede Menge dunkle Beeren-Aromen, feine Würze, etwas Malz, dunkle Schokolade, zarte Röstnoten, immer wieder neue Aromen, verspielt und nauncenreich. Das setzt sich auch am Gaumen fort, nach dem kraftvollen Auftritt spielt am ganzen Gaumen die extraktsüsse Frucht mit den seidigen Tanninen, der lebendigen Säure, schokoladigem Schmelz, toller Struktur und Eleganz, modern, selbstverständlich, aber dermassen finessenreich und und lang, einfach toll. Ein Potential für Jahrzehnte – das haben die Vorgänger längst bewiesen. Und für mich einer der besten Grange, die ich je probieren durfte. Sehr nahe an der Hundert-Punkte-Marke.
Vielleicht hätte ich sie auch gegeben, hätte Peter Gago nicht am Flughafen bei einem Bier und einem Brezel, als wir auf unsere Rückflüge warteten, gemeint, dass der 2006er vielleicht noch ein bisserl besser werden könnte. So sind es „nur“ 98 Punkte.
Bier und Brezen.
Lustig war dann der krönende Abschluss. Der Flug der Londoner PR-Dame war der frühe, Peter Gago und ich hatten viel spätere Abflugszeiten. Aus meinem Vorschlag noch einen Kaffee zu trinken wurden doch lieber zwei Biere und völlig ungeniessbare, unglaublich versalzene Laugen-Brezen am Züricher Flughafen.
Manchmal ist es ja auch ganz gut, wenn man einen Flug versäumt, dann kann man mit einem Star-Winemaker auch mal ziemlich lang privat plaudern…
© by Weinspitz_Helmut_Knall
last modified: 2009-12-02 17:56:15