Die Weinbaustellen.
Österreichs Elite-Winzer investieren Millionen.
Österreichs Elite-Winzer keltern nicht nur moderne Weine, sondern bauen auch Keller internationalen Formats. Vergessen Sie die romantischen Kellergewölbe. Vor allem aber den Schimmel, den Moder und den fauligen Kellergeruch. Wer klare, saubere und fruchtig duftende Weine pro
Österreichs Winzer haben international Erfolg. Dazu präsentieren Sie ihre Weine immer öfter im Ausland, Top-Restaurants der ganzen Welt haben das "Österreichische Weinwunder" akzeptiert und setzen unsere Weine auf die Karte.
Die Winzer ziehen mit. Statt Schürze und Stiefel tragen sie Designer-Anzüge und glänzende Schuhe. Statt Knöpferlharmonika und Rustikal-Klischee haben sie perfektes Marketing-Material, Wesides und Handy. Die Flaschen und Etiketten sind längst in internationalem Design. Und fast alle haben inzwischen durch Kauf, Pacht oder Zukauf Dimensionen erreicht, die einen Export in vernünftigen Mengen zulassen. Jetzt kommen die Keller an die Reihe. Entweder wurden sie zu klein, oder die Produktion war in den alten Gewölben zu mühsam oder nicht sauber genug.
Wenn also schon neu gebaut werden muss, dann gleich für die Zukunft. Dann also auch gleich mit ordentlichen Verkostungsräumen. Denn auch das zeugt von Professionalität, im alten muffigen Gewölbe bei Kerzenlicht war es zwar vielleicht romantisch, ordentlich verkosten konnte man dort kaum. Und in der Küche duftete es zwar hervorragend nach Omas Schweinsbratl, aber den feinen Duft eines noch verschlossenen Lagenweines förderte das auch nicht.
Also sahen sich unsere Winzer in der Welt um, adaptierten oder entwickelten eigene Konzepte beauftragten Architekten und erstellten Finanzierungspläne mit völlig verblüfften Bankern. Als die ersten Weinbauherrn begannen ihre Pläne in die Tat umzusetzen, erlebten sie ihre Wunder. Plötzlich machten Gerüchte die Runde, der Neid redete allesamt gleich in den Konkurs. Keine Sorge, nur Gerüchte. Natürlich haben fast alle ihre Budgets kräftig überzogen, denn während solcher Gross-Bauhaben fallen einem eben noch Ergänzungen ein, die nachgeplant werden wollen.
Als wir die Idee hatten diese Geschichte zu schreiben, dachten wir an zwei, drei grosse Winzer. Bei der Recherche kamen wir dann aber auf mehr als zwanzig Betriebe und da könnten wir ein ganzes Heft füllen. Sehr aktiv sind die Burgenländer und die Steirer. Also nahmen wir ein paar Beispiele heraus.
Einer der ersten war Albert Neumeister in Straden in der Steiermark. Schon seit drei Jahren ist er in seinem neuen Keller, der in fünf Etagen in den Hang gebaut wurde. Die Idee gilt für viele andere auch, ganz oben die Anlieferung der Trauben, damit so wenig wie möglich gepumpt werden muss. Von der Anlieferung geht es immer nur mittels Schwerkraft in die Maischebehälter, von dort in die Presse und von dort in die Tanks.
Das bedeutet schonendste Verarbeitung. Den fertigen Wein holt man sich eben drei Stockwerke tiefer beim Lager ab.
Grossartig ist die Innenarchitektur, in diesen Räumen arbeitet man sogar im Büro gerne, und im Verkostungsraum ist es so angenehm, dass man am liebsten alle Flaschen, die an der Seitenwand aufgeschlichtet sind kosten möchte, leider sind diese trotz Verkorkung nur eine geniale Dekoration.
Der Architekt war Werner Schüttmeier, der neben dem Schwerkraft-System auch auf die Wünsche der Neumeisters eingehen musste, die ihre Nachbarn nicht beeinträchtigen wollten. Herausgekommen sind nach ca. 15 Mio. Bausumme die "hängenden Gärten von Straden", die inzwischen auch den Nachbarn gefallen. Und wers lieber "so wie früher" hat, kann ja in die wunderbar renovierten Sazianistuben gleich nebenan essen gehen.
Den gleichen Architekten hatte ursprünglich auch Alois Gross, dessen Wunsch der Arbeitsweise zwar dem der Neumeisters ähnlich war, der aber doch das Äussere des riesigen Kellerbaus an die Tradition der steirischen Bauweise angelehnt haben wollte. Vorsichtig vorausschauend liess er also 1995 den ersten Bauabschnitt, den "Produktionsteil", mit Giebeldach errichten. Unter der Erde sah man aber schon die modernen Elemente. Jetzt errichtet er gerade Baustufe zwei, einen neuen Barrique-Keller, Lager, Verkaufs- und Verkostungsräume, sowie den neuen Wohnbereich. Mit einer beispielhaften Aussicht. Auch hier wird es ein Giebeldach geben, darunter aber viele moderne Akzenten auf den verschiedenen Ebenen. Insgesamt werden dann ca. 30 Mio. in den Berg geflossen sein.
Als Akzent gibt es noch ein Novum für die Südsteiermark, die Steinterassen, auf denen nicht nur ein exzellenter Traminer wachsen soll, sondern wo auch am Ende jeder Terasse ein Tisch und Bankerl die Gäste zum Verweilen einladen soll.
Willi Sattler baute einen völlig neuen Keller, der alle "Stückln" spielen wird. Schon jetzt sieht man die vielen Leitungen, die nicht nur Wein, sondern auch Heisswasser für die Reinigung und Druckluft für die Arbeitsgeräte in jede Ecke des Kellers bringen werden. Schon fertig ist das neue Hotel mit Restaurant oben drüber, in dem sich bereits so viele Gäste verwöhnen lassen, dass der Sattlerhof ständig ausgebucht ist. Ob das an der Küche seines Bruders, an den Weinen oder an den luxuriös ausgestatteten Zimmern liegt? Wahrscheinlich an der Kombination aus allem.
Manfred Tement liess von Architekt Christian Leiter gleich über 3000 Quadratmeter in seine Superlage Zieregg planen. Und es gibt nichts, was an moderner Kellertechnik dort nicht Platz gefunden hätte. Extra schmale und hohe Stahltanks wurden speziell angefertigt und sind natürlich alle elektronisch steuerbar, mit einem eigenen Computersystem. Sie funkeln im schräg einfallenden Abendlicht wie eine riesige Orgel. Aber unterhalb ist es noch spektakulärer: der riesige Keller mit den grossen Fässern und der Barrique-Keller sind sicher einzigartig in Österreich, da muss man im Ausland suchen, ob man vergleichbares findet und das wird nicht einfach sein.
In der Mitte des untersten Geschosses wird die Vinothek ihren Platz finden. Raritäten in einem in den Felsen gehauenen Bereich, der mit dem richtigen Licht unglaublich wirken wird. Dass es darüber noch fünf Etagen, grossteils mit Terassen gibt, in denen die Büros und Degustationsräume untergebracht sind, wo man in Ruhe verkosten kann, je nachdem zu welcher Elite-Gruppe man eingeteilt wird, braucht man kaum erwähnen. Und dass sich die unglaubliche Aussicht über Zieregg bis ins slowenische Weinland bereits jetzt in den riesigen Scheiben spiegelt, zeigt, wie toll dieser Ausblick mit einem herrlichen Glas Morillon dieser Lage genossen werden kann. Vom obersten Stock sieht man auf die steirische Seite bis zum Stradener Berg.
Dass zu Tement mit Sicherheit mehr Leute pilgern werden, als in das daneben gelegene Kloster dürfte klar sein. Dass das 40 Mio. Budget längst nicht mehr reicht, auch.
Am ehesten vergleichbar ist der Bau von Gernot Heinrich in Gols. Vier Ebenen Sichtbeton ergeben annähernd 3000 Quadratmeter Platz für moderne Kellertechnik und an die 1000 Fässer für seine gewaltigen Rotweine. Den Namen des Architekten kennen aufmerksame Leser bereits, es ist Werner Schüttmeier.
Dabei wurde Gernot Heinrich von der frühen 2000er Lese überrascht. Man konnte sich nur schwer vorstellen, wie auf dieser halbfertigen Baustelle gearbeitet werden soll. Doch extremer Arbeitseinsatz mit einem quirligen Chef am Stapler und modernste Technik neben Baumaterial erbrachten sogar einen Super-Jahrgang.
Dass das Ganze trotz Auslegung auf Funktionalität und Ergonomie trotzdem auch extrem gut aussieht liegt nicht nur am guten Geschmack und der Stilsicherheit von Winzer und Architekt, sondern nebenbei auch an einem Budget von ca. 50 Millionen.
Anders die Situation bei Fred Loimer in Langenlois. Er konnte auf einen riesigen alten Keller eines alten Handelshauses zurückgreifen, den er bildschön renovieren liess. So schöne Gewölbe habe ich selten irgendwo gesehen. Also musste Architekt Andreas Burghardt "nur mehr" die Büro- und Präsentationsräume gestalten. Das gelang so leicht, hell und ansprechend, man kann die halbe Wand öffnen, dass man dort gerne zu den geplanten Vernissagen und Veranstaltungen hinfahren wird.
Wenn auch viele Langenloiser den aussen schwarz angestrichenen Würfel "mehr als gewöhnungsbedürftig" finden, so hat das auch durchaus seinen Sinn, das merkte man bereits in der kalten Jahreszeit.
Völlig anders die Aufgabenstellung für das Architekten-Duo Haselwanter und Fellner. Der Winzer Lackner aus Klein Engersdorf, nordwestlich von Wien, lebt hauptsächlich von seiner Buschenschank. Daher war die Hauptaufgabe neben der Modernisierung des Kellers ein Neubau für die Gäste. Die nach einer Seite hin offene Gestaltung ergab sich aus der Möglichkeit im Sommer den Garten zu nutzen, die drei Geschosse bieten viel Platz und Gemütlichkeit.
Auch in der Wachau wird gebaut. Franz Hirtzberger grub einen neuen Keller in seinen berühmten Hausberg Singerriedl, jetzt ist endlich Platz für die grossen Weine aus Spitz. Emmerich Knoll hat einfach ein viel zu schmales Grundstück für seine Räumlichkeiten, darum arbeiten die Bagger jetzt mitten im Trakt direkt vor der Kellertüre um dort ein neues Presshaus zu errichten und F.X. Pichler liess einen Stock auf die Verkostungsräume bauen um die Platznot zu lindern.
Grossbaustellen finden sich zur Zeit auch noch bei den Heinrichs, Albert Gesellmann und den Reumanns in Deutschkreuz, die alle gemeinsam mit dem Architekten Anton Mayerhofer dem Ort ein neues Gesicht geben. Fast fertig ist Stefan Wellanschitz in Neckenmarkt, der den Architekten gleich in der Familie hat und Franz Weninger hat bereits einen Preis für vorbildliche Unternehmensarchitektur für seinen Neubau erhalten. Zuständig dafür waren Raimund Dickinger und eine Gruppe namens Propeller Z, die die Innenarchitektur gestalteten. Bis es den Einheimischen auch gefällt, ist wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit.
Wie gesagt, es gibt noch einige Projekte im Lande. Das Positivste ist aber, dass die Weine offenbar besser als die Architektur sind, denn einem Architekten-Preis stehen unzählige Preise für Österreichische Weine im Ausland gegenüber.
© by Weinspitz_Helmut_Knall
last modified: 2007-07-18 11:54:19