Hier geht's zum aktuellen Wine-Guide-Austria in deutscher Sprache, dem ultimativen Nachschlagewerk zum österreichischen Wein.
Wieder lud das "Consorzio per la Tutela dei Vini Valpolicella" zu "Amarone in Anteprima" nach Verona.
Direkt am berühmten Piazza Bra, im Palazzo della Gran Guardia, gleich vis-a-vis der legendären Arena, wo einem schon der Stiegenaufgang Respekt einflösst, startete die Reise durch die Welt des Amarone.
Das bekannte Poster des Consorzio lockt durchaus, hier weiterzugehen.
Die Säle im Palazzo sind beeindruckend und ein toller Rahmen für die Verkostung.
Vor allem, weil man, wenn man aus dem Fenster blickt nicht nur die Arena...
...und die wunderschönen Häuserzeilen der Piazza Bra sieht...
...sondern, weil man hinter den Dächern bereits die Hügel des Valpolicella-Gebietes nördlich von Verona sehen kann. So bekommt man bei der Verkostung bereits einen ersten Eindruck, wo die Weine herkommen.
Das Valpolicella-Gebiet liegt in den Hügeln östlich des Gardasees und zieht sich oberhalb von Verona in mehreren Tälern gegen Norden.
Das "klassische" Gebiet umfasst vier Täler, jedes mit einem "Torrent", also einem Flusslauf, der im Sommer austrocknet, aber im restlichen Jahr Wasser von den Gletschern der Gebirge im Norden bringt. In jedem Tal gibt es auch eine Stadt: Sant 'Ambrigio, Fumane, Marano und Negrar.
In der Zwischenzeit zählen die vier östlicheren Täler Valpantena, Val Tremigna, Val d'Illasi (hier im Bild) und Val di Mezzane auch zum Valpolicella-Anbaugebiet.
Speziell die Böden in den westlicheren Anbaugebieten sind extrem kalkhaltig, manche Weingärten stehen (fast) auf purem Marmor: Terrassenlagen bei Marano.
Hier der Gegenpart in den Bergen von Negrar.
Die Wege in die einzelnen Täler bergen viele architektonische Kleinode, wie hier nahe Monteleone.
Oder die alten Palazzi und Villen, hier Villa Novare, im Besitz von Bertani.
Besonders schön ist es, die winzigen kurvigen Strassen quer über die Weinberge von Tal zu Tal zu fahren, auch wenn es wesentlich schneller ginge, die Hauptstrassen hinunter und das nächste Tal wieder hinauf zu fahren, dann aber entgehen einem solche malerischen Ortschaften, deren kleine Caffé-Bars auch durchaus besuchenswert sind.
Die Pfarrkirche von San Giorgio in Valpolicella stammt aus dem 8. Jahrhundert und thront über den Terrassenweingärten von S. Ambrogio und S. Giorgio.
Wie steinig die Böden der höher gelegenen Weingärten sind, kann man hier gut sehen und in den besten Weinen auch durchaus herausschmecken.
Immer wieder enden die Rebzeilen direkt bei einer der wunderbaren Villen.
Auch hier gibt es hangeschichtete Steinmauern, die seit Jahrhunderten die Terrassenweingärten stützen aber auch eine Menge ständiger Arbeit bedeuten.
Die meist in "offener" Pergola-Erziehung kultivierten Weingärten wurden gerade frisch geschnitten.
Im Winter sehen diese Weingärten dann manchmal wirklich künstlerisch wertvoll aus.
Oder ergeben bizarre Formen und Schatten.
Neu angelegte Weingärten sieht man auch immer öfter in Guyot-Erziehung, insgesamt sind das aber keine 20 Prozent.
Aber auch die "modernen" Weingärten sind durchaus attraktiv.
Manche stehen auch auf gewaltigen Gesteinsbrüchen.
Der neue Erfolg zeigt allerdings - so wie fast überall - auch seine Auswüchse: riesige Neuanpflanzungen in Flachlagen. Ein älterer Winzer meinte, dass er hier nicht einmal Kartoffeln anbauen würde...
Die Haupt-Rebsorte ist Corvina, die in den Weinen mit 40-80 Prozent vertreten sein muss. Sie kann durch die ähnliche Corvinone mit max. 50 Prozent ergänzt werden, die aber müssen dann den Anteil der Corvina ersetzen.
Die zweitwichtigste Sorte ist Rondinella, die zwischen 5 und 30 Prozent ausmachen darf. Alle anderen noch vorhandenen Sorten, wie Molinara etc. dürfen nur mehr zu maximal 15 Prozent im Amarone vorkommen, in der Praxis kommen sie fast nicht mehr vor, maximal zu 5 Prozent.
Die Trauben müssen vollkommen gesund geerntet werden, jede geringste Beschädigung würde bei der anschliessenden Trocknung Fehltöne oder Schimmel auslösen. So wird jede Traube sorgfältigt kontrolliert, jede auch nur leicht beschädigte Beere weggeschnitten. Dann werden die Trauben händisch auf die Trockenpulte oder in Kisten geschlichtet.
Nachdem auch hier die Bürokratie zugeschlagen hat, sollen die klassischen Holzkisten und Bambusgestelle offiziell verboten werden.
Plastik ist angesagt. (Dabei ist man auch in der Gastronomie schon draufgekommen, dass Plastik-Schneidbretter nicht hygienischer sind als das gute alte Holzbrett).
Drei bis vier Monate trocknen die Trauben nun in den riesigen Trockenräumen, auf älteren Weingütern meist direkt unter dem Dach. Dort wird je nach Wetterlage eben das Fenster geöffnet oder - wenn es regnet - geschlossen. Meist sind diese Dachböden in Nord-Süd-Richtung gelegen, weil man dann den kühlen Wind, der vom Berg ins Tal strömt, nutzen kann.
In modernen Weingütern gibt es unvorstellbar riesige Hallen mit tausenden Kisten. Auch wenn es hier technisch möglich wäre, mit allerlei technischem Schnickschnack eine optimale Belüftung und Temperatur zu garantieren - ausprobiert wird das seit Jahren - ist es doch noch nicht erlaubt. Es soll also so "natürlich wie möglich" passieren.
Wichtig ist eine gute Durchlüftung dafür sorgen bei Windstille oder Regentagen Ventliatoren, die man sogar bei den "Traditionalisten", wie hier bei Quintarelli sieht.
So trocknen die Trauben langsam vor sich hin, werden immer wieder überprüft, um so wenig Schimmel, wie möglich zu haben. (Auch wenn ein sehr bekannter Produzent meint, dass etwas Botrytis dabei sein muss! um einen wirklich guten Amarone zu erzeugen, dem wird natürlich von den meisten seiner Kollegen heftigst widersprochen). Wir haben bei unseren Besuchen jedenfalls fast nur gesundes Traubenmaterial gesehen.
Hier einer dieser Höllenventilatoren im Portrait. Durch die Trocknung verlieren die Trauben in den drei bis vier Monaten bis zur Hälftes des Gewichtes. Gleichzeitig steigt aber die Zuckergradation um ca. 25-30 Prozent, die Säure wird etwas reduziert und das Verhältnis von Fructose und Glukose verändert sich. Die Polyphenole werden "gesättigter" und der Glyceringehalt steigt deutlich.
Natürlich reagieren noch eine ganze Reihe anderer Substanzen, von angeblich mehr als Tausend, die in Trauben vorhanden sind. So gibt es auch einen signifikanten Anstieg von Reservatrol, einer Substanz, die nach medizinischen Untersuchungen hilt, Verkalkungen im Arteriensystem zu verhindern und das Herzinfarkt-Risiko zu vermindern. Hier im Bild: die äusserst schonende Pressung.
Bis hierher ist die Erzeugung noch relativ vergleichbar und einheitlich. Der Unterschied liegt nur in der Qualität der geernteten Trauben bzw. deren Mineralität und Konzentration. Ab der Pressung kommen allerdings verschiedenste Kellertechniken zum Einsatz. Und das kann den Stil eines Weines oder auch eines ganzen Weingutes ausmachen. Von der Vergärung in temperaturgesteuerten Edelstahltanks...
...über die traditionelle Ausbaumethode in verschieden grossen Holzfässern, meist aus slawonischer Eiche (und relativ oft von österreichischen Fassbindern). Da meist im Jänner oder Februar gepresst wird, vergären die Weine sehr langsam bei natürlichen, niedrigen Kellertemperaturen.
...bis hin zu mehr oder weniger intensivem Ausbau in Barriques bzw. relativ oft in Tonneaux bis 600 Liter-Fässern. Sehr selten auch in Holzgärständern. Sehr oft ist es ein Mix der verschiedenen Ausbau-Möglichkeiten.
Einige "Modernisten" haben sich richtige Wein-Kathedralen gebaut. Der Amarone passt durch seine Mächtigkeit und die natürlichen Polyphenole natürlich auch sehr gut in kleine Fässer. Dann allerdings muss man ihn eben länger reifen lassen. Das ergibt dann ausgezeichnete Weine mit toller Struktur. Natürlich gibt es auch hier - so wie nahezu überall auf der Welt - die "interntional gestylten" Weine, die in der Jugend mit extrem viel Tannin, Röstaromen und Schoko-Vanille-Touch aufwarten. Das wird dann meist mit "der Markt verlangt das so" verteidigt. Nun, zugegeben, es gibt auf dieser Welt viele Weintrinker, die solche Weine lieben. Aber wenn man in einer Blindverkostung nie im Leben draufkommen würde, dass man hier Amarone im Glas hat, dann ist das einfach Unsinn. Gott sei Dank ist die überwiegende Mehrzahl der Winzer aber doch eher am Weg zurück. Wir konnten doch sehr viele, sehr sortentypische Weine verkosten.
Nach der Reifung im Fass folgt noch die Reifung auf der Flasche. Insgesamt dauert der Produktionsprozess also von der Lese bis zum Verkauf mehr als drei Jahre.
Bei manchen Weingütern auch noch viel länger. Einige warten noch mehrere Jahre zu. Die bringen ihren Amarone erst nach 5-7 Jahren auf den Markt. Bei Quintarelli zelebriert man das extrem und bringt auch Valpolicella erst nach Jahren auf den Markt. Amarone überhaupt erst nach zehn Jahren oder mehr.
Das war vielleicht auch schon immer ein Fehler in der Vermarktung, denn so wurde nur absoluten Amarone-Fans bewusst, wie lange lagerfähig diese Weine sein können. Einzig Masi und Bertani haben das neben dem Extremisten Quintarelli schon immer gepflegt und viele Flaschen jedes (guten) Jahrgangs zurückgelegt. Hier im Bild der 1939er im Bertani-Archiv - das war allerdings noch Recioto di Valpolicella und kein Amarone, denn den Begriff gibt es erst seit den Fünfziger-Jahren.
Hier eine Bertani-Werbung aus den 40er-Jahren.
Man braucht jugendliche Creativität. Dieser Bub hat eine der vernünftigsten Anwendungsmöglichkeiten für Kork gefunden - zusammenbinden und damit spielen. Denn die Kork-Rate war auch bei den Verkostungen in Verona wieder viel zu hoch. Alternativ-Verschlüsse sind allerdings in ganz Italien noch kein Thema...
Ein Kleinod mit bewegter Vergangenheit: Santa Sofia. Nie fertig gebaut, (im Bild die Wand ohne Zimmer...) aber mit sehenswerter Parkanlage und gutem Wein...
..Teichen, Statuen, Brücken...
...gleich neben skurrilen alten Stöcken...
...und einem einzigartigen Brunnen.
Und jetzt noch ein paar Impressionen von unterwegs...
...hier könnte auch Marmor abgebaut werden.
Ein besonders schönes Gut.
Steing ist der Weg - und der Weingarten.
Unendliche Valpolicella-Felder.
Einer der älteren Weingärten hoch in den Bergen.
Ein Bilderbuch-Foto - zur Verfügung gestellt vom Consorzio.
Da bleibt man doch gerne stehen.
Hier auch.
Und natürlich gibt es hier auch Olivenöl. In der Regel ein sehr feines, fruchtbetontes - aber sehr mildes.
Zum Abschluss wurde es nach einer schönen Woche dunstig und regnerisch, na von mir aus...